OBERMAIN-TAGBLATT 12/01/2010
Von übermächtigen Gefühlen
„Sergio Gobi Quinteto“ begeisterte beim Kammerkonzert / Tango: herausfordernd, bittersüß und zärtlich zugleich
KLOSTER BANZ - Fünf Musiker spielen Tango: Das allein ist noch nicht bemerkenswert. Bemerkenswert dagegen wird es, wenn es sich um Interpreten wie das „Sergio Gobi Quinteto“ handelt, das am Sonntag im Kaisersaal das Publikum zu Begeisterungsstürmen hinriss. Der Tango - eine Geschichte voller Schmerz, Leidenschaft und Melancholie, herausfordernd, bittersüß und zärtlich zugleich.
In Worte und Töne gefasst von Künstlern, die nicht nur die argentinische Seele, sondern auch Herzblut zum Ausdruck brachten. In vertonten Geschichten voll menschlicher Dramen und Weltschmerz.
„Una noche de Tango“ nannte das Quintett sein Programm, das neben Eigenkompositionen auch Werke von Astor Piazzolla, dem Großmeister des Tangos, enthielt. Mit Sänger Sergio Gobi musizierten Roger Helou (Piano), Ronald Satterwhite (Violine), Guillermo Destaillats (Bandoneon) und Rodolfo Paccapelo (Kontrabass), allesamt gebürtige Argentinier, die seit einigen Jahren in der Bundesrepublik leben. Tango in der Form, wie er beim dritten Konzert aus der Reihe Kammerkonzerte auf Kloster Banz zu hören war, kommt hierzulande eher selten zu Gehör
. Kein Wunder, dass sich viele Zuhörer, trotz mancher Wetterunbilden, das Konzert nicht entgehen lassen. Zugegeben, heftiges Schneetreiben vor den ehrwürdigen Mauern von Kloster Banz und lateinamerikanisches Temperament im Kaisersaal - größer hätte der Kontrast nicht sein können.
Sergio Gobi wurde 1963 in Buenos Aires geboren. Seine musikalischen Wurzeln liegen in der argentinischen Folklore. Seit seinem sechsten Lebensjahr spielt er Gitarre. Dem Tango widmete er sich Anfang der 90er Jahre. Außerdem wirkt er als Sänger und Schauspieler in den Tangoshow „Radio Tango“ mit.
Seine markante Stimme lebt von großen, übermächtigen Gefühlen, die besonders in seinen Eigenkompositionen zum Ausdruck kommen. Jedes Wort ein Bündel voll Empfindungen. Das kommt nirgends besser als in „Musa“ zum Ausdruck. Ein Tango, in dessen Mittelpunkt eine Frau eine Rolle spielt. Ober in „Varela Varelita“, wie eine Bar in Buenos Aires heißt. Die Geschichte erzählt vom Pech eines Komponisten, der in der Kneipe stirbt und seitdem dort als Geist anzutreffen ist. Nirgends als im Tango sind Schmerz, Glück und Trauer gleichermaßen anzutreffen, vermählen sich dermaßen extreme Gegensätze.
Das „Sergio Gobi Quinteto“ versteht sich aber auch auf die klassische Form des Tangos, die mit jeder Faser des Herzens gespielt wird. Einschmeichelnd dagegen eine Art Walzer, die gleichfalls vom Facettenreichtum kündet, mit dem die Musiker ihre Instrumente zum Klingen brachten. Ein weiter Teil des Abends galt Astor Piazzolla. Auch hier gelang es den Interpreten dank ihrer authentischen wie technisch ausgefeilter Spielweise, das Publikum mit zu reißen.
Wurde bislang der Tango nur zu Gehör gebracht, gab es fast am Ende des Konzerts eine überraschende Wendung. Dafür waren Margit und Matthias aus Bamberg verantwortlich. Sie setzten den Tango auch in seiner tänzerischen Form um. Hier spielte das Sergio Gobi Quinteto seine ganze Stärke aus. Bevor das Publikum aber in die Kälte der Nacht entlassen wurde, zog eine Zugabe es nochmals in den Bann.
Gerda Völk